Es ging durch die internationalen Medien mit einem riesigen Rummel und in unseren letzten VDP-Nachrichten haben wir ausführlich berichtet. Eine belgisch-britische junge Frau flog in ihrem Ultraleichten Flieger, einer Shark, um die Welt: Zara Rutherford. Zara umrundete mit ihren gerade mal 19 Jahren in 156 Tagen die Welt! Damit stellte sie den Rekord als jüngste Pilotin auf, die die Erde in einem Ultraleichtflugzeug umflogen hat. Offiziell verbrieft im Guinnessbuch der Rekorde.

Eigentlich gibt sie Interviews nur gegen Honorar oder auch gar nicht mehr, aber… Heike Käferle traf Zara 2021 auf der AERO und erzählte ihr von der VDP. Und nachdem ich sie noch einmal freundlich angemailt hatte, gelang es, ein Videointerview mit dieser jungen VIP zu führen.

VDP: Zara, bevor ich dir all die Fragen stelle, die mir unter den Nägeln brennen. Sag mal, wie fühlt es sich an, wenn man so berühmt ist und in allen Medien um die Welt geht.

Zara (lacht super sympathisch): Ach, das ist gar nicht so wild. Am Anfang war es echt heftig, aber ich wollte ja etwas erreichen mit dem Rekordversuch. Ich möchte, dass sich die jungen Mädchen etwas trauen. Das muss gar nicht mal das Fliegen sein, aber man muss einfach versuchen, seine Träume zu leben und sich nicht vorschreiben zu lassen, ob man es machen soll oder nicht. Und Technik ist schon mal gar keine Hürde für Mädchen. Und daher braucht es Rolemodels, und ein bisschen wollte ich das verkörpern und zeigen, dass eigentlich nichts unmöglich ist, wenn man es nur wirklich will.
Aber ich hatte natürlich auch unheimlich viel Unterstützung. Durch meine Familie und auch finanziell. Außerdem habe ich nie besonders viele Pilotinnen gesehen, geschweige denn Fluglehrerinnen. Deshalb war mir das so wichtig.

VDP: Wie bist du zur Fliegerei gekommen? Du kommst aus einer Fliegerfamilie, oder?

Zara: Ja, meine ganze Familie fliegt. Bereits mein Großvater ist geflogen. Ich fliege eigentlich schon solange ich denken kann. Wir sind Piper geflogen. Ich war viel mit meinem Vater im Flugzeug unterwegs und meine Mutter ist auch Pilotin. Selbst habe ich mit der Fliegerei 2016 begonnen, da war ich so 14 oder 15. Ich bin zu einer Flugschule gegangen und habe auf einem UL gelernt, die UL-Lizenz gemacht und dann den PPL. Ja, und dann habe ich die Welt „im Sichtflug“ umflogen. Einen Monat nach meiner Rückkehr habe ich schließlich den IFR-Schein gemacht. Nach den gemachten Erfahrungen war ich es leid, immer Angst vor Wolken haben zu müssen. Ich wusste zwar auch vorher schon, wie ich in Wolken fliegen musste. Mal ehrlich, wenn man zu einer Weltumrundung aufbricht, sollte man auch IMC-Training gehabt haben – für den Fall der Fälle. Zum Glück war meine „Sharp“ auch so ausgestattet.

VDP: Auch als du in Deutschland angekommen bist, war das Wetter wohl eher nicht so gut.

Zara (lacht): Ja, das stimmt, das war gerade noch VFR oder Special VFR. Aber kein Vergleich zu Mumbai. Dort war die Sicht runter auf 2 km kurz vor der Landung, da halfen die Instrumente doch sehr.

VDP: Und wie war das mit dem Gewicht der Shark, auch mit den ganzen Instrumenten?

Zara: Na, das maximale Abfluggewicht inklusive des Rettungsequipment war ok, denn zum Glück bin ich keine besonders schwere Person. Ich hatte noch einen Zusatztank an Bord, das passte auch gut mit dem Schwerpunkt des Flugzeugs. Damit hatte ich eine Endurance von elf Stunden bei max. 145 Knoten, also rund 1.600 NM. Schon ein beeindruckendes Flugzeug.

VDP: Und was war dein längstes Leg?

Zara: 1.050 NM, von Mumbai nach Dubai, mit anständigem Gegenwind, ca. über acht Stunden am Stück. Und nur über Wasser. Das war wahrscheinlich das heftigste und zugleich langweiligste Stück, aber irgendwie auch überraschend unproblematisch. Es ging einfach alles gut.

VDP: Und was machst man dann so gegen die Langeweile so allein im Flieger?

Zara (überlegt): Ich habe meist Musik gehört. Immer wieder den Motor gecheckt, rausgeschaut und darauf geachtet, VMC zu bleiben und… ja auch immer wieder im Kopf durchgegangen, was zu tun ist, wenn mal was schief geht. Was zum Beispiel kann ich tun, wenn sich über Wasser eine Gewitterfront in meinen Flugweg stellt. Auf dem Stück wäre mein Alternate Pakistan gewesen, das war so 3 – 4 Stunden entfernt.

VDP: Und Verpflegung während des Flugs?

Zara: Ich esse oder trinke nichts während der Flüge, da ich ja keine Bordtoilette hab. (lacht)

VDP: Auf deinem Trip bist du auch in Dubai gelandet. Wie haben denn die männerdominierten arabischen Staaten auf eine junge Frau reagiert, und dann noch auf so einem abenteuerlichen Trip?

Zara: Ja, als ich in Dubai landen wollte, waren da so 20 Minuten vor meiner Landung 47 Knoten crosswind angesagt. Die Shark rotiert bei 45 Knoten, also keine gute Idee. Der Controller war super professionell und hilfsbereit. Er hat mich auf einen anderen Platz umgeleitet, wo ich mit immer noch 27 Knoten cross landen konnte. Und „just in time“, denn kurze Zeit später waren da wegen eines Sandsturms mit Gewitter nur noch IFR-Bedingungen.
Aber nein, manchmal ist man überrascht, dass in den Ländern, wo man es am wenigsten erwartet, einem Respekt und Hilfsbereitschaft entgegenschlägt. Auch Länder wie Saudi-Arabien, dort sieht man wirklich, dass sich etwas tut in dieser Hinsicht. Insgesamt sehr professionell.
Überhaupt haben mich eigentlich alle als Frau mit viel Respekt behandelt, jedenfalls in der „richtigen“ Welt. Online war das teilweise schon anders. Da wurde ich mit Hasskommentaren angegangen, insbesondere wegen meines Geschlechts. Über meinen Tik Tok Account hatte ich versucht, junge Leute in meinem Alter für die Fliegerei zu begeistern. Einmal berichtete ich dort von einem Fehler, den ich beim Fliegen gemacht hatte. Fehler einzugestehen ist doch wichtig, und man lernt davon, aber… es gab so viele beleidigende Kommentare wie “na da seht ihr mal, was es für ein großer Fehler war, den Frauen das Fliegen zu erlauben“. Das war so krass, dass ich mich entschlossen habe, das Video rauszunehmen. Wenn Frau was Gutes tut, ist es nur diese eine, die etwas Gutes tut. Macht aber eine Frau einen Fehler, dann wird gleich gesagt, „alle“ Frauen machen Fehler. Das finde ich ätzend.

VDP: Wo waren denn für dich eher fliegerische Herausforderungen zu sehen?

Zara: Asien. In Asien ist man überhaupt nicht auf VFR-Flieger eingestellt. Das macht es echt schwierig. Die Controller waren oft überfordert und haben nicht verstanden, dass ich eine besondere Clearance brauchte, z. B. um VMC zu bleiben.
Ja und Sibirien. Als ich dort landete, hatte es minus 25 Grad. Andererseits war es dort so wundervoll. Die Landschaft erschien, als hätte jemand ein blütenweißes Betttuch über die Berge gelegt. Unglaublich schön. Auch so beeindruckend, wenn man alles Wasser eingefroren sieht. Nur, Probleme sollte man über diesem so unwirtlichen Gebiet besser nicht bekommen, also Notlandung oder so. Da ist kein Überleben möglich. Die Menschen dort sind unglaublich. Also nicht die Regierung, sondern die einfachen Menschen. Alle arbeiten hart und halten zusammen. Nur so können sie überleben. Ich war wetterbedingt fast einen Monat dort und es war menschlich eine unglaubliche Erfahrung.
Auch im tiefsten Alaska. Man stelle sich das vor, wir, die wir in Großstädten leben. Wenn die Leute da in Urlaub fahren, lassen Sie die Türen unverschlossen. Warum? Wenn man sich dort verirrt oder das Wetter schlecht wird, dann braucht man Unterschlupf. Das ist eine andere Welt. Das hat mir sehr imponiert.

VDP: Während deines Fluges hattest du ein Team, das dich unterstützt hat.

Zara: Ja, ohne diese Menschen hätte ich das nie geschafft, auch nicht ohne die Sponsoren. Besonders mein Vater hat sich gemeinsam mit einer befreundeten Pilotin aus England um die ganzen Genehmigungen und den Papierkram gekümmert. Dann war noch ein Mann, der sich mit der Presse und so beschäftigt hat, und natürlich meine Mutter.

VDP: Als junge Pilotin kannst du uns vielleicht einen Tipp geben, wie wir mehr junge Frauen für die Fliegerei begeistern können und sie zum Beitritt in die VDP gewinnen können?

Zara: Tatsächlich glaube ich, das ist so ein Generationsding. Wir finden Vereine nicht so interessant. Vielleicht wäre es eine Idee, eine „Jugendabteilung“ für unter 25 oder 30jährige einzurichten. Und Social Media ist natürlich echt wichtig oder regelmäßige Treffen anzubieten. Aber ich glaube das ist heutzutage echt schwierig.

VDP: Zum Abschluss, obwohl ich noch Stunden mit dir plaudern könnte, was sind deine nächsten Pläne?

Zara: Ich möchte gerne Ferrypilotin werden. Als nächstes plane ich mit einem erfahrenen Ferrypiloten eine Cirrus nach Japan zu überführen. Das wird sicherlich sehr spannend.

VDP: Ganz, ganz herzlichen Dank für deine Zeit und das aufregende Gespräch. Und, auch noch die besten Wünsche an deinen Bruder, der ja auch um die Welt fliegt! Ihr seid eine großartige Familie und du bist wirklich ein Vorbild für viele Mädchen und Frauen, auch dafür herzlichen Dank! Schau mal vorbei, wenn du in Deutschland bist!