Das FEWP-Treffen 2022 sollte in Serbien stattfinden, genauer gesagt in Belgrad. Mein erster Gedanke: Säbelrasseln, Balkankriege, Beginn des ersten Weltkriegs und dann Tito, Jugoslawien – eigentlich richtig spannend. Und so nutzten wir die Gelegenheit, um endlich einmal den Balkan etwas genauer kennenzulernen.

Wie gewohnt warteten wir in Ostwestfalen auf passendes Wetter, um über die Alpen zu kommen. Und wie gewohnt flogen wir dann trotz schlechter Wettervorhersage für den Alpenraum los. Bei der Zwischenlandung in Straubing war klar, dass wir über Ungarn fliegen müssen. Gut, dass man nicht mehr von Papierkarten abhängt. Digitale Karten sind bedeutend leichter und so ist es kein Problem, ganz Europa „mitzuschleppen“. Ausgestattet mit Wetter-Apps wie TopMeteo, Flugwetter.de, Windy, Regenradar, Echtzeitblitz etc. lässt sich auch das Balkanwetter einigermaßen sicher einschätzen. Der Alpenraum war jedenfalls zu und die Gewitter hingen im Süden überall.

Wir entschieden uns für den Plattensee um später Belgrad von Nordosten anzufliegen. Der Hévíz-Balaton Airport lässt sich einfach anfliegen und das Handlingpersonal ist sehr nett. Wir genossen zwei erholsame Tage am und im warmen Hévíz-See, um dann nach Timişoara/Rumänien weiterzufliegen. Da es dort nur Jet A1 gibt, tankten wir in Ungarn noch mit AVGAS voll und wurden – Überraschung – als Ausländer mit dem doppelten Preis (also 5 €/l) beglückt. Die teuerste Tankfüllung unseres Lebens – bisher! EU-Richtlinien, so wollte es uns scheinen, muss man in Ungarn nicht einhalten.

Timişoaras, ca. zwei Flugstunden östlich, ist eine sehr pittoreske Stadt mit barockem Reiz und Wiener Charme, netten Cafés und guten vielfach modernen Restaurants. Die erst 1940 eingeweihte riesige orthodoxe Kathedrale setzt hierzu einen interessanten Kontrapunkt und erinnert ein wenig an die Hagia Sophia.

In Timişoara warfen wir immer wieder einen Blick auf unsere vielfältigen Wetter Apps. Das Wetter um Belgrad wurde nach wie vor als wechselhaft und gewittrig prognostiziert. Dennoch sahen wir am nächsten Tag um die Mittagszeit die Chance, gut durchzukommen. Für eine Stunde Flugzeit waren auch bei labiler Schichtung meteorologische Voraussagen verlässlich möglich.

Vor der Reise hatten wir die Diskussion in der Pilotinnengruppe, ob der Internationale Platz Nicola Tesla für die Einreise geeignet sei. Einerseits ist er sehr verkehrsreich – ein großer Airliner nach dem anderen fliegt an. Andererseits gingen umfassende Bautätigkeiten vonstatten. Genau drei Flugzeuge nahmen die Herausforderung an und landeten in der Hauptstadt Serbiens: Karin Bruchhausen mit Ana Vodopovic in einer Cessna 172, Graham und Colette aus England mit einer Cessna 182 und wir mit unserer CTLS. Interessanterweise trafen wir alle innerhalb von 30 Minuten ein, was wohl dem Wetter geschuldet war.

Recht flott kam der Tankwagen (AVGAS 2,00 €/l), dann der Abschleppdienst. Der Abschleppdienst? Da es aufgrund der Bauarbeiten nicht möglich war, die Flugzeuge für einige Tage auf dem Vorfeld zu parken, musste eine andere Lösung her: Unsere Flugzeuge wurden von dem Unternehmen Prince Aviation Serbia gegen 60 € pro Tag übernommen und zu einem Hangar außerhalb des Flughafens geschleppt. Eine neue Erfahrung für uns. Spannend auch, dass es keine Schleppstange gab, die für unser UL gepasst hätte. Glücklicherweise konnte ich die Firma überzeugen, dass ein Transfer mit Muskelkraft kein Problem sei. Das wurde aber bereits vorher per Mail geklärt.

Nachdem das alles vollbracht war, hatten wir eine entspannte Taxifahrt zum Hotel, um dann das FEWP-Treffen (siehe FEWP Treffen 2022 unter Netzwerk) zu genießen. Beeindruckend die Freundlichkeit der Serb*innen. Wir haben nur nette und hilfsbereite Menschen getroffen. Das gibt der Stadt Flair und überstrahlt so manche städtebaulich weniger attraktive Ecke.

Der Abflug war für Montag geplant. Das Handling in Belgrad funktionierte gut und war mit 32 € sehr günstig. Die Wetterlage blieb zweifelhaft, was uns eine weitere neue Erfahrung verschaffte: Wir sind nämlich in den Genuss der „Hail Protection“ gekommen. Der Flugplan nach Kroatien war aufgegeben und wir saßen startklar im Flieger. Per Funk erfuhren wir dann, dass zu unserer Sicherheit die „Hail-Protection“ in Kraft getreten ist und wir auf die Starterlaubnis noch warten müssen. Hagel kommt in Belgrad wohl häufiger vor. Freundlicherweise wurde uns angeboten, den Flieger mit Strom zu versorgen – schließlich ist Hörbereitschaft erforderlich und Funk musste an bleiben. Nach 90 Min. bekamen wir dann Starterlaubnis. Unsere Batterie hat durchgehalten, Karin und Ana durften sie Starhilfe in Anspruch nehmen.

Endlich takeoff – und die Berge an der Adria hatten immer noch aufliegende Wolken. Wir entschieden, uns an der Kroatisch-Bosnischen Grenze entlang durch Kroatien zu fliegen, südlich von Zagreb vorbei und um dann mit südwestlichem Kurs auf die Adria zuzusteuern, die wir südlich von Krk zu Gesicht bekamen. Die kroatische FIS hatte uns voll im Griff und gab uns jeweils die zu fliegenden Höhen an. Der Küstenflug nach Zadar und der Anflug dort waren reiner Genuss, das Handling in Zadar schnell und preiswert und beim Abflug bekamen wir am GAT noch den Tipp zum Vermeiden hoher Handlingsgebühren. Jetzt erst einmal angekommen, organisierten wir uns über Booking (wie meist) ein kleines Appartement direkt am Meer – näher dran ging kaum noch – 15 m zum Wasser. Das ist das Glück der Vorsaison.

In Zadar gibt es eine zauberhafte Altstadt, die zuweilen mit der von Dubrovnik verglichen wird, mit der berühmten Wasserorgel, die so konstruiert ist, dass die Wellen musikähnliche Geräusche erzeugen. Und es gibt mindestens ein fabelhaftes Restaurant – sternverdächtig und direkt am Meer.

Unser nächstes Ziel war die Insel Hvar – das Wetter ließ uns nicht über die Berge ins Landesinnere. Ein traumfhafter Flug über die Adria und ihre wundervollen Inseln brachte uns in etwa einer Stunde auf den verlassen wirkenden und etwas holprigen Flugplatz von Stari Grad, der direkt an das UNESCO Welterbe angrenzt. Dieses UNESCO-Gebiet umfasst mehr als 1.300 ha und wurde im 4. Jahrhundert v. Chr. – also vor 2.400 Jahren – durch ionische Griechen kolonisiert. Seither ist eine Kulturlandschaft erhalten geblieben, in der bis heute u.a. Trauben und Oliven angebaut werden. Man kann zwischen antiken Steinmauern und kleinen Steinhäusern herumlaufen, Rinnen sowie Zisternen entdecken und das geometrische System bewundern, nach dem die Griechen das Land aufgeteilt haben.

Stari Grad hat einige schöne Hotels und Restaurants. An der felsigen Küste gibt es Bademöglichkeiten im kristallklaren Wasser und die Insel lässt sich mit dem Fahrrad erkunden – wir konnten E-Bikes ergattern, was die vielen Steigungen erträglich machte. Im Süden von Hvar gibt es Sandstrände, die wir das nächste Mal besuchen werden. Übrigens kann man von Stari Grad mit der Fähre innerhalb von 2 h Split erreichen, die zweitgrößte Stadt Kroatiens. Der Besuch lohnt sich! Auch hier genossen wir wieder UNESCO Welterbe soweit das Auge reicht – vor allem der Diokletianpalast verdient Erwähnung. Schön auch der ausgedehnte Markt und die malerischen Uferpromenaden.

Leider gingen die vier Tage auf Hvar (inkl. Split) wie im Flug zu Ende – dass es überhaupt vier Tage wurden, lag daran, dass unsere eigentlichen Destinationen – Bihać (Bosnien) oder Ochid (Nordmazedonien) – durch die vielen Gewitter und tiefen Wolken unerreichbar waren. Am Flugplatz mussten wir noch 10 € durch einen Türspalt an der Baracke schieben, um die Landegebühr zu begleichen. Bei strammem Seitenwind startete wir zurück nach Zadar, um am nächsten Tag bei gutem Flugwetter über die Berge nach Bihać zu fliegen. Wir genossen die Blicke über das Dinarische Gebrige Richtung Nord und hielten auf Bosnien-Herzegowina zu. Natürlich schauten wir uns schon mal die Plitvicer Seen von oben an. Hinter der Grenze war Banja Luka per Funk nicht zu erreichen. Wir orientierten uns in Richtung Bihać Golubić Airport, unserm Ziel am Fuß der Berge. Der Anflug über die Stadt mit dem Fluss Una war beeindruckend. Und wir wurden gleich vom Direktor des Aeroclubs Željava (www.aeroklub-zeljava.com), Dževad, mit gekühlten Getränken empfangen. Nach einer kurzen Wartezeit kamen die Zollbeamten angefahren und kontrollierten unsere Pässe sowie das Gepäck. Den Zoll bestellt man interessanterweise über den zweiten Club vor Ort, den Aero Klub Bihac.

Wir wurden von den ortsansässigen Piloten umsorgt und betreut, wie es netter kaum sein kann. Dževad organisierte uns ein Auto mit Fahrer für den Ausflugs zu den ca. 25 km entfernten Plitvicer Seen in Kroatien und wir verbrachten dort einen unvergesslichen Tag. Mindestens einmal im Leben sollte man diese wundervolle Landschaft mit dutzenden von Wasserfällen besuchen! Für die Karl May Freunde: Die Schatzhöhle und weitere Schauplätze des Films „Der Schatz im Silbersee“ können besucht werden.

Auch der Una Nationalpark, den wir tags darauf erkundeten, ist eine Reise wert. Die Wasserfälle sind dünner gesät als im kroatischen Plitvice, aber teilweise gewaltiger. Der Fluss führt viel Wasser und lässt seine Naturgewalt spüren. Man kann fangfrische Forellen essen – oder auch Ćevapčići.

Nach dem Ausflug haben wir am Spätnachmittag unseren Flieger betankt – der Club half auch bei der Treibstoffbeschaffung an der PKW Tankstelle. Nochmals trafen wir uns mit den netten Bosniern zum Abendessen – die übrigens immer nur Limo tranken – und lernten einen MIG-Piloten der ehemaligen Jugoslawischen Armee kennen, der uns von seinen Flugerfahrungen erzählte und von dem ehemaligen Militärflughafen ŽELJAVA unweit von Bihać – wir haben die Exkursion dorthin aus Zeit- und Wettergründen auf den nächsten Besuch verschoben. Präsident und Manager (zwei Brüder) des Aeroclubs hatten sogar das FEWP-Meeting in Belgrad in den Medien verfolgt und sagten, dass sie sich sehr freuen würden, wenn die VDP ein Fly-in in Bihać veranstaltete. So viel Freundlichkeit ist ein tolles Aushängeschild für dieses Städtchen und den Flugplatz.

Am Folgetag, nach der Verabschiedung durch den Manager des Clubs, flogen wir Richtung Heimat. Das Abschiedsfoto wurde ins Vereins-Internet gesetzt.

Auch dieses Mal bauten sich die Gewitterwolken über den Alpen auf, aber wir schafften es mit einer Zwischenlandung in Wels am gleichen Tag noch bis Oerlinghausen. Den südlicheren Balkan konnten wir auch dieses Mal nicht in Augenschein nehmen, aber wir können auf eine Reise mit unvergesslichen Eindrücken zurückblicken.