Projekt Beschreibung

Mit D-EOMV auf Hoch-Touren

2018 | Alpenflugeinweisung des DAeC in Bad Wörishofen | von Beate Busch-Schmidt

Beate

Geschafft! Christine und Beate nach getaner Arbeit.

D-EOMV zurück in Telgte

Flugplatz Innsbruck und Karwendel

Flightlog in Skydemon

Reschensee

Am 25. Juli strahlt die Sonne und GAFOR meldet für ganz Deutschland ein „blaues Wunder“. Für Christine von Beesten und mich also beste Bedingungen für den dreistündigen Flug von Münster nach Bad Wörishofen mit der D-EOMV, einer Cessna 172 mit 180 PS.

Unser Quartier, das Hotel Luitpold, liegt mitten in der Stadt. Kneipp hat hier gewirkt und ist allgegenwärtig. Der Blick vom Balkon unseres Zimmers auf das Sebastianeum wird zum ersten morgendlichen Wetterbriefing und lässt zuverlässig das Pilotinnenherz höherschlagen.

Nach einem netten Empfang der mit uns angereisten 30 Flugzeuge und 51 PilotInnen durch Bürgermeister und Kurdirektorin am Abend, starten wir am Donnerstagmorgen mit einem kurzen Kennenlernen der jeweiligen Teams. Alle TeilnehmerInnen erhalten ein Briefing-Paket, ein prall gefüllter DIN A4 Ordner mit Theorie zu Navigation, Wetter, Leistungsgrenzen – „habt Ihr ja sicher alle gelesen?“.

Am Flugplatz bereiten wir unsere Tagesetappe vor. Erste Erkenntnis: Auf der magentafarbenen Linie des iPads werden wir im Gebirge unser Ziel nicht erreichen. Was ist am Ende des jeweiligen Tals – das ist die wichtige Frage: ein Pass oder eine unüberwindliche Felswand? Bietet das Tal Platz für eine Umkehr und kann die Passhöhe sicher überflogen werden? Unser FI, ein erfahrener Alpenflieger, hat mit einem farbigen Edding in der Karte schon mal alle theoretisch möglichen Verbindungen wie Autobahnen und Pässe markiert. „Man muss sie nur im Flug auch finden“ – nicht immer ganz einfach von oben. Wir wären nicht die Ersten, die versehentlich ins falsche Tal abbiegen.

Nach Flugplanaufgabe und Maschinencheck geht es endlich los Richtung Alpen; vorbei an Schloss Neuschwanstein, Linkskurve um den Karwendel und rein ins Inntal. Innsbruck Radar erteilt die Freigabe für einen Flug durch die Kontrollzone. Kurz danach reißt dann aber, wie zwischen den Bergen nicht ungewöhnlich, der Funkkontakt ab. Wir versuchen diverse alternative Frequenzen und melden uns dort, wo jemand erreichbar ist. Zweite Erkenntnis: Schweiz, Österreich, Italien – in den Alpen schon mal egal – Hauptsache wir melden uns überhaupt.

Heutiges Ziel ist Zell am See/Österreich. Die Platzrunde geht unvermutet nah an Bebauung und Bewaldung entlang. Über dem See drehen wir in den Queranflug und dann auf Pistenkurs zur Landung, die erst im zweiten Anlauf gelingt. Wir müssen noch mehr ausholen, sprich noch näher an den Hang ran, damit die Platzrunde breit und lang genug wird für den erforderlichen Höhenabbau. Auf annähernd demselben Weg mit einer kleinen Schleife durch ein daneben liegendes Tal landen wir sicher am Abend in EDNH, wo ein leckeres BBQ für alle wartet. Unsere max. Flughöhe heute: 6.500 ft. Da muss also noch was kommen, wenn es morgen auf die andere Seite der Alpen gehen soll.

Freitag: Über den höchsten Pass der schweizer Alpen nach Locarno – das ist unser Plan. Wird das klappen und was schafft Oskar Mike Victor?
Wir fliegen erneut übers Inntal, biegen gerade hinter St. Anton/Arlberg bei Landeck ins Alto Adige ab, vorbei an Nauders und über den Reschensee. Bis hierhin hat sich die Cessna bei Vollgas mit 70 Knoten auf 8.400 ft gearbeitet. Ohne kräftiges Leanen ginge das gar nicht. Auch so liegt die Steigrate nur noch bei mageren 150 ft/Minute. Der schma­le­ Umbrail-Pass ist in der Karte mit 8.206 ft angegeben; die umliegenden Berge mit deutlich mehr. Das ist etwas knapp, also umkehren, einen weiteren Anlauf nehmen.Dabei bloß nicht zu steil kurven, denn dann bräche die Steigrate endgültig weg. Beim zweiten Versuch zeigt der Höhenmesser 9.300 ft – immer noch zu wenig für einen sicheren Überflug. EGT und Öltemperatur lassen wir nicht mehr aus den Augen. Im nächsten Anlauf ist es dann soweit.

Dritte Erkenntnis: Im Flachland befördert die 172er das MTOW mit ihren properen 180 PS zuverlässig von A nach B. Die im Bordbuch für ISA-Bedingungen angegebene Dienstgipfelhöhe ist bei strahlendem Sonnenschein und entsprechendem Luftdruck nicht annähernd erreichbar.

Wir werden mit einem atemberaubenden Blick auf Ortler und Vertana-Gletscher belohnt. Die nachfolgenden Passhöhen fühlen sich wie ein Klacks an. Via Bormio, Tirano, Bernino, Sankt Moritz, Samedan und über den Comer See fliegen wir durch die Kontrollzone Lugano nach LSZL am schönen Lago Maggiore. Hier werden wir bereits erwartet und trotz Mittagspause sehr freundlich empfangen. Kostet halt stolze 65 Franken extra! Gutes Timing, die Leute vom Zoll sind bereits beim Lunch und nicht an uns interessiert. So kommen wir schnell an Kaffee, Eis und sonstiges.
Zurück geht es am Nachmittag über San Bernardino und Splügenpass mit einem Zwischenstopp für evt. Zollformalitäten in Hohenems bei den Österreichern. Dann weiter am Bodensee vorbei zur „homebase“.

Samstag: Unser Ziel heute ist der Gardasee. Der Kurzstart auf der Graspiste mit gesetzten Klappen und leicht geleantem Motor ist schon zur Routine geworden. Wieder geht es via Reutte/Fernpass Richtung Inn. Wir machen Bekanntschaft mit der Thermik und testen Auf- und Abwinde an Luv- und Lee-Seite des Tales. Kurz vor Innsbruck drehen wir ins Ötztal, überfliegen das Timmelsjoch und steuern dann auf Meran und Bozen zu. Kurz vor Trento wechseln wir über eine kleine Hochebene vorm Paganello – hier wachsen Wein und Oliven – ins Nachbartal der Sarca.
Je näher wir dem Gardasee kommen, umso dunstiger wird es. Auf dem Rundflug am Seeufer entlang gibt es dennoch genug zu sehen.

Zwischenstopp und Pilotinnenwechsel ist heute in Trento. Eigentlich planten wir die Route durch die Kontrollzone von Bozen auf dem direktem Weg. Dort ist angeblich ein Airliner im Anflug. Das kommt wohl eher selten vor; der Lotse scheint jedenfalls Stress zu haben. Er schickt unsere drei knapp hintereinander gestarteten Maschinen allesamt weiträumig östlich an Bozen vorbei. Den Airliner haben wir weder gesehen noch im Funk gehört.

Vierte Erkenntnis für schlechteres Wetter: Wenn die Wolken tief über den Alpen hängen, geht als letzte Nord-Süd-Variante – so wie für tausende von Fahrzeugen täglich auch – nur noch der Brenner: 4.000 ft reichen! Diese Route nehmen dann notgedrungen alle. Es muss mit Gegenverkehr gerechnet werden. Danach fliegen wir wieder durchs Inntal, vorbei am schönen Karwendel und machen die obligatorische „Übung“ aller Alpenflieger: einmal rund um die Zugspitze.

Sonntag nach dem Frühstück heißt es Abschied nehmen. Schöne Eindrücke haben wir im Gepäck.

In den vielen Stunden im Cockpit haben wir auch viel dazu gelernt und sind flugbegeisterten Menschen begegnet. Unser Rückflug startet bei bestem Wetter. Kurz bevor wir das Sauerland erreichen, stellt sich ein Schmunzeln ein: Berge, das wissen wir jetzt, sehen anders aus!