In der zertifizierten Fliegerei ist der Autopilot fast nicht mehr wegzudenken, in der kommerziellen Fliegerei gar nicht mehr. Diese ist heutzutage nur noch mit dem Autopiloten und all den anderen elektronischen Geräten möglich, die für das „automatische Fliegen“ benötigt werden. Nun stellt sich wahrscheinlich einigen die Frage, warum die ultraleichten Piloten diesen „Zauberkasten“ unter D-M Registrierung nicht benutzen dürfen, zumal dies in einigen europäischen Ländern, u. a. in Schweden, Norwegen, Dänemark, Polen und Portugal, erlaubt ist und sogar als Sicherheitsfeature gilt. Da die ultraleichte Sportfliegerei unter nationalem Recht und nationalen Regeln stattfindet, kann jedes Land selbst entscheiden, ob es in seinen Bauvorschriften einen Autopiloten zulässt oder nicht. Deutschland hat sich bisher dagegen entschieden. Das hängt wohl mit den Anfängen der Ultraleichtfliegerei zusammen. Bei der 1. Generation der „motorisierten Gartenstühle“ war es unvorstellbar, dass es jemals nötig sein würde, sich darüber Gedanken zu machen. Mit den Rohr-Tuch-Konstruktionen flog man hauptsächlich um den heimischen Kirchturm und nicht 1.000 km am Stück. Auch dachte damals wahrscheinlich niemand, dass die willkürlich festgelegten 450 kg MTOW (472,5 kg mit Rettungsgerät) jemals zu wenig sein würden. Der Grundgedanke der ultraleichten Fliegerei war und ist, einfach und ohne allzu viele Regularien in die Luft zu kommen. 

Die Entwicklung der D-M Luftsportgeräte schritt in den letzten Jahren rasant voran. Das hängt mit dem wesentlich einfacheren und billigeren Zulassungsverfahren im Vergleich zur zertifizierten Fliegerei zusammen. Mit dem UL nahezu 400 km/h zu fliegen war bis vor einigen Jahren noch unvorstellbar, heute ist es Realität. Die Verbände, an vorderster Stelle der DULV, haben es zudem geschafft, die Auflastung auf 600 KG MTOW in Deutschland und anderen europäischen Ländern Wirklichkeit werden zu lassen. Ein riesiger Schritt aus der Grauzone in der sich viele UL-Piloten aufhielten und ein bedeutender Beitrag zur Sicherheit des Ultraleichtfliegens!

Technische Fragen und Bauvorschriften

Die Frage, die sich nun aufdrängt, warum die Nutzung des Autopiloten bei UL nicht schon längst erlaubt wurde, kann ich nicht beantworten. Ich möchte hier nur einige Punkte darstellen, die es bei einer Diskussion Autopilot im UL – ja oder nein, zu bedenken gibt.

Auch ein UL unterliegt Bauvorschriften, die erstellt und geprüft werden müssen. Um einen Autopiloten zu legalisieren, muss zuerst einmal festgelegt werden, welche Art von Autopiloten zugelassen werden soll. Darf er nur den Kurs halten (einachsiger Autopilot), darf er zusätzlich Höhe halten (zweiachsiger Autopilot) oder darf er das Flugzeug gar um alle 3 Achsen steuern (dreiachsiger Autopilot)? Es gibt auch Versionen mit automatischer Schubregulierung und Autolandemöglichkeit (Garmin Autonomi Autoland). Sollte gar so ein Autopilot, der nicht mehr weit vom autonomen Fliegen entfernt ist, zugelassen werden? Darf er so programmierbar sein, dass er einen kompletten Kurs abfliegen kann, von wo bekommt er seine Daten?

Es muss auch geklärt werden, ob ein Autopilot zertifiziert und zugelassen sein muss, wie in der „großen Fliegerei“ oder ob ein nicht-zertifiziertes Gerät, wie in der UL-Fliegerei üblich, verwendet werden kann. Wer darf den Autopiloten prüfen? Muss es ein ausgebildeter Avioniker sein oder darf dies ein Prüfer Klasse V machen? Wenn ja, benötigt der Prüfer Klasse V dafür eine gesonderte Fortbildung? Geklärt werden muss auch, wie die Einweisung in den Autopiloten zu erfolgen hat. Soll dies im Ermessen eines jeden Piloten sein oder soll es vorgeschriebene Theorie- und/oder Praxisstunden geben?

Sicherlich muss hier nicht das Rad neu erfunden werden. Ein Blick ins europäische Ausland, wo Autopiloten in UL zugelassen sind, kann durchaus hilfreich sein.

Damit sind wir bei der Frage, ob es überhaupt wünschenswert ist, Ultraleichtflugzeuge mit einem Autopiloten auszurüsten.

Neben den technischen Überlegungen werden immer wieder Bedenken geäußert, die in die Richtung gehen „dann fliegen die Leute ja in schlechtes Wetter und IFR mit dem UL“. 

Es klingt vielleicht etwas philosophisch, aber: Wer Dinge missbrauchen möchte, missbraucht sie. Einen Golfschläger kann man z.B. zum Einputten verwenden – und tut das gewöhnlich auch. Man kann damit aber auch einem anderen auf den Schädel schlagen. Niemand käme auf die Idee, Golfschläger dieser Missbrauchsmöglichkeit wegen generell zu verbieten. Und bezogen auf den Autopiloten: Auch Piloten ohne IFR Rating von D-E Flugzeugen können in schlechtes Wetter fliegen, in der Regel tun auch sie das nicht. Als Pilot*in weiß man, dass das schlicht gefährlich für einen selbst und andere ist.

Viel mehr als auf den Missbrauch sollte das Augenmerk auf die Erhöhung der Flugsicherheit durch den Einsatz eines Autopiloten gelegt werden. Und da sind wir auf einem Gebiet, das der VDP sehr am Herzen liegt – für unser Engagement zu Sicherheit und Training wurden wir nicht zuletzt deshalb mit dem Luftsport Flugsicherheitspreis 2019 ausgezeichnet.

Wo liegt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – der Sicherheitsnutzen des Autopiloten?

  • Reduzierung des Workload für die Pilot*innen die sich dadurch auf die wesentlichen Dinge konzentrieren können, wie z. B. Luftraumbeobachtung
  • ausgeruhter am Zielort anzukommen und mehr Kapazitäten für eine sichere Landung übrig zu haben
  • beim Alleinflug ohne Stress auf die Karte blicken, eine Frequenz nachsehen bzw. eine Anweisung mitschreiben zu können – oder einfach gefahrlos aus der Wasserflasche zu trinken.

Wie bereits erwähnt: Die Ultraleichtfliegerei hat sich seit den Anfängen rasant weiterentwickelt. Funk, Transponder und ELT sind zwar keine Vorschrift, aber für viele aus einem UL nicht mehr wegzudenken. Auch EFIS und GPS sind akzeptiert und das neue MTOW von 600 kg wird nicht mehr infrage gestellt. Ist es nicht langsam an der Zeit, dass auch der Autopilot im UL legalisiert werden sollte?

Und wer ganz puristisch mit Minimuminstrumentierung in die Luft gehen möchte, kann dies auch weiterhin tun. Der Autopilot wird ganz sicherlich nicht zu einem „muss“ für alle, sondern zu einer zusätzlichen Option für alle die möchten.

Wer sich ausführlicher zu diesem Thema informieren möchte, vor allem auch über die unterschiedlichen Techniken von Autopiloten findet auf der Seite von Christian Böhm viele interessante Informationen. http://advanced-ul.blogspot.com/2017/05/autopilot.html

Uns, die VDP interessiert, wie unsere Mitglieder zu diesem Thema stehen. Sollte sich die VDP dafür einsetzen, dass der Einsatz von Autopiloten in Ultraleichtfluggeräten erlaubt wird? Bitte schreibt uns eine Mail mit Eurer Meinung an ul@pilotinnen.de.

Heike Niefer

Nachtrag:

Im Dezember 2020 hat auch Jo Konrad vom DULV eine Initiative angekündigt zum Thema Autopilot und UL. In der DULV info 6/202, S. 3 ist zu lesen:

Wir beim DULV haben folgenden Plan:

  1. Ein Ingenieur von uns setzt sich hin und macht … einen Vorschlag zur Anpassung der Lufttüchtigkeitsforderungen
  2. Damit können wir zum BMVI gehen und … um ein Erprobungsprogramm bitten.
  3. Dabei können dann technische Maßnahmen … behandelt … und eine solide Grundlage für eine abschließende Entscheidung entwickelt werden.“