Weit bevor Schreckensmeldungen von Buschbränden und neutralisierten Wertungstagen auf Grund von Rauch unsere Gemüter beunruhigten, war uns klar, dass uns Australien mit Extremen empfangen wird.

Im Winter 2017, als VDP Pilotin Sarah Drefenstedt als erste des deutschen Teams den Austragungsort besuchte, erwartete sie noch ein lieblich grün anmutendes Terrain mit tollem Naherholungsgebiet und See. Nur ein Winter später, als die damals amtierende Weltmeisterin und VDP Pilotin Sabrina Vogt in Lake Keepit an der Vor-WM teilnahm, war der See schon erheblich zusammen geschrumpft und das Gelände doch eher vertrocknend und karg anmutend. Da es auch weiterhin keine Niederschläge gab, erwartete uns zur WM ein wüstenartiges Terrain mit leererem Stausee, durch den sich lediglich noch der Fluss schlängelte, der den See einst befüllte.

Nachdem wir Teilnehmerinnen alle Vorbereitungshürden genommen hatten (ein  Flugzeug zu chartern, eine geeignete Unterkunft mit Klimaanlage und ein Auto zu organisieren), bereiteten wir uns auf eine WM mit extremen Temperaturen vor. Jede Pilotin versuchte sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten sportlich fit aufzustellen, um der Hitze zu trotzen, die oftmals die 45 Grad Marke überstieg. „Denkt daran Elektrolyte zu nehmen“, wurde eine der häufigsten Empfehlungen, sei es von der Teamleitung, aber auch von der Wettbewerbsleitung.

Leider halfen die Elektrolyte nicht gegen den täglichen Kampf mit dem Staub. Waren die „Wir müssen leider draußen bleiben“ Pilotinnen anfangs noch wahnsinnig neidisch auf die Damen mit Hallenplätzen, relativierte sich dies spätestens nach dem die ersten „Hallendreckspatzbilder“ in Umlauf kamen. Noch nie mussten wir und unsere Crews dermaßen gegen Staub und Dreck ankämpfen. Ein Flugzeug abends zu waschen oder gar in Bezüge zu packen, stellte sich schnell als unsinnig heraus. Der Staub und Sand fand seinen Weg durch die Ritzen und unter die Bezüge.

Aber nun zum Eingemachten – was war fliegerisch los in Down Under?

Die Brände nahmen von Anfang an Einfluss auf die Fliegerei in Lake Keepit. Der Abstand zu den in den Medien gezeigten Feuersbrunsten war zwar ausreichend groß um sich sicher zu fühlen, aber der Rauch beeinflusste die Fliegerei erheblich. Schon in der Trainingszeit gab es viele Tage, die auf Grund der miserablen Sicht nicht genutzt werden konnten.

Die Frage, von wo der Wind kommt, bekam eine ganz neue Gewichtung. Täglich wurden zur gewohnten Wetteranalyse Charts hinzugezogen, die die Konzentration der Staub- und Rauchpartikel im Verlauf des Tages anzeigten. Diese fanden in der Streckenplanung der Ausrichter stets Berücksichtigung.

Dennoch wollte man flexibel auf Veränderungen reagieren können und entwickelte gemeinsam mit allen Teamcaptains eine Vorgehensweise für den Fall, dass wir auf Strecke Bedingungen vorfinden, die nicht mehr den Sichtflugregeln entsprechen. Diese ungewohnte Situation war für alle Neuland und bescherte der Wettbewerbsleitung das eine oder andere graue Haar. So wurde zum Beispiel der dritte Wertungstag, eine 4:30 h AAT (Assigned Area task) neutralisiert. Leider so spät, dass fast alle Pilotinnen, die den Abschnitt mit erheblichen Sichtproblemen bereits passiert hatten, vom entferntesten Punkt durch die gleichen schlechten Bedingungen wieder heim fliegen mussten. Die „Risikozeit“ an diesem Tag wurde in der Clubklasse nur um 15 Minuten reduziert. Verstanden wurde diese späte Entscheidung von kaum jemanden.

Generell wurden die Aufgaben gerade in der ersten Woche immer sehr groß angelegt, in der Hoffnung, dass wenig Abflugpoker betrieben wird. Diese Idee ging nicht wirklich auf. So ist die Clubklasse an einem Tag erst los geflogen, nachdem völlig klar war, dass die Aufgabe nicht mehr realisierbar ist. Ein Abflugzeitschluss hätte oftmals mehr geholfen.

Bis auf einen Tag, an dem der komplette Wettbewerb draußen lag, passten die Aufgaben jedoch  recht ordentlich zu dem vorherrschenden Wetter. Die Präsentation der Wetterinformationen im Briefing waren jedoch immer sehr spärlich, so dass das Team sich dankbar auf die Wetterinterpretation des Coaches Wolli Beyer im anschließenden Teambriefing stütze. Was sich jedoch als fast nicht vorhersagbar heraus stellte, war das Eintreten der Seebrise. Innerhalb von kürzester Zeit kann diese das Wettergeschehen verändern und mit plötzlich einsetzenden starkem Gegenwind das Heimkommen vereiteln. An einem Tag war dies nur wenige Minuten nach den Landungen der Fall. Es zog ein Sandsturm über den Platz, der uns dieses Phänomen fürchten ließ. Dies führte dazu, dass in den Folgetagen der ein oder andere Abflugzeitpunkt zu früh gewählt oder eben auch zu viel Sicherheitshöhe für den Endanflug erkurbelt wurde.

Während in der 18 Meter Klasse so gut wie nie gepulkt wurde und alle mehr oder weniger individuell ihren Flug absolvierten, stellte es sich in der Clubklasse genau konträr dar. Es war unglaublich, unter welcher Beobachtung das Team Sabrina Vogt (als amtierende Weltmeisterin) und  Christine Grote, beide VDP Pilotinnen, standen. Jeden Tag wurde gewartet, bis diese beiden Pilotinnen abflogen. Die Bodencrews verglichen das Abflugverhalten so: „Wenn man den Stöpsel aus der Badewanne zieht, dann sieht es aus wie der Abflug in der Clubklasse!“ Leider waren Sabrina und Christine fast täglich der Stöpsel. Selbst so im Focus zu stehen, wohingegen die führende Australierin scheinbar machen konnte, was sie wollte, erstaunte nicht nur die beiden erheblich. VDP Pilotin Ines Engelhardt, die leider nicht wie geplant mit Vereinskollegin und Teampartnerin Sarah Drefenstedt fliegen konnte, blieb dieses Schicksal erspart. Dafür kämpfte sie jedoch an den meisten Tagen als Einzelfliegerin um die Punkte. Am Außenlandetag zeigte sie ihre kämpferische Stärke und erflog sich einen Treppchenplatz.

An den meisten Tagen gehörten die Polinnen und die Engländerin zum deutschen Hinterflieger-Fanclub. Die Polinnen konnten jedoch bereits nach zwei Tagen auf Distanz gehalten werden. Nachdem sich an Tag 8 auch noch die Französinnen für die Hinterherflugtaktik entschieden hatten, wurde der Fanpulk immer größer und die Probleme damit auch. Nicht genug, dass immer nur hinten oben geflogen wurde und somit weder eine eigene Entscheidung getroffen, noch ein einziger eigener Aufwind gefunden und zentriert wurde, behinderten die Hinterherfliegerinnen die deutschen Pilotinnen in einem teilweise sicherheitsbedenklichen Maße. Man ließ das Team Germany die Arbeit machen, behinderte sie jedoch ständig beim Einkreisen. Leider stellte auch Flarm keine sonderliche Hilfe für dieses Problem dar, da die Reichweiten der Flarm-Geräte in den gecharterten Flugzeugen teilweise noch nicht einmal die Mindestreichweiten zur Kollisionswarnung erfüllten.

Die Freude an einem Tag mit einer Schnittgeschwindigkeit von 124 km/h mit einem Clubklasseflugzeug um ein Dreieck gesaust zu sein, wurde erheblich gemindert. Die Hinterherfliegerinnen konnten ihren Höhenvorteil teilweise sogar noch im Endanflug umsetzen; plus die 30 Sekunden Zeitvorteil durch den minimal späteren Abflug und ein wirklich fantastischer Flug sieht in der Wertung nicht mehr danach aus und fühlte sich leider auch nicht mehr danach an. Mehr als unverdient war das Tagesergebnis für Sabrina an diesem Tag, die im Endanflug leider etwas tiefer war als die Verfolgerinnen. Gerade dieser Tag war ein Exempel ihrer Stärke bei schnellen und guten Wetterlagen. Sie dominierte den gesamten Tag nicht nur die Hinterherfliegerinnen sondern auch Ihre Teampartnerin.  

Ergebnisse und Platzierungen

Das Glanzstück, mit dem Elena Fergnani noch am letzten Wertungstag an den beiden deutschen Clubklassemädels vorbei zog, machte alle sprachlos. Jedoch können unsere Pilotinnen trotz  Enttäuschung Elenas Erfolg neidlos anerkennen.  Fergnani fliegt seit vielen Jahren hervorragend und hat auch bei dieser WM gezeigt, dass ihre Ideen und Entscheidungen weltmeisterlich sind und somit verdient sie den Respekt aller Clubklassepilotinnen für ihr individuelles Fliegen! Herzlichen Glückwunsch!

Gerne hätte das Team Grote, Vogt gemeinsam auf dem Treppchen gestanden. Jeden Tag sind sie gemeinsam abgeflogen und angekommen und überzeugten durch eigenständige gute Leistungen. Lediglich die Entscheidung, mit Winglets zu fliegen, hat Sabrina Vogt den Punktenachteil gegenüber ihrer Teampartnerin eingebracht. Dass dies bedeutete, gleich 3 Plätze hinter ihr zu liegen, war eine bittere Erkenntnis. Ines Engelhardt hat sich ohne ihre Teampartnerin Sarah Drefenstedt hervorragend geschlagen und konnte am letzten Wertungstag mit Tagesplatz 4 nochmal zwei Plätze in der Gesamtwertung gut machen.

Auch wenn VDP Pilotin Conny Schaich in der Standardklasse an zwei Wertungstagen die Podiumsplätze 2 und 3 einflog, blieb das Team Schaich, Teichmann leider hinter ihren Erwartungen zurück. Serena Triebel als WM-Debütantin war mit Ihrem Auftakt auf internationalen Parkett zufrieden und ist sicherlich eine Siegerin der Herzen, da ihr ihre gute Laune nicht nur das deutsche Team ansteckte.

Katrin Senne konnte sich in der 18-Meter-Klasse auf Platz drei vorkämpfen, was ihrer Teampartnerin Stefanie Mühl auch auf Grund der Flugzeugwahl nicht vergönnt war.

Die Teamleitung, bestehend aus Teamcaptain Daniela Wilden und Coach/Bundestrainer Wolli Beyer, unterstützen das gesamte Team hervorragend. Immer wieder verstanden sie es, die durch die Wohnsituation getrennten Pilotinnen und Crews zusammen zu bringen und ein Team Germany zusammen zu schweißen. Ihnen ist im Namen aller Pilotinnen ein großer Dank für Ihre Arbeit und ihre Zähigkeit auszusprechen, denn auch sie kämpften mit Hitze, Staub und Rauch, sogar mehr als wir Pilotinnen, die wir uns in 3000 Meter Höhe das ein oder andere Mal eine Auszeit davon nehmen konnten.

Der Standard in Ausrüstung und Pflege bei australischen Flugzeugen ist nicht vergleichbar mit dem in Deutschland.

Alles im Allem kann man resümieren, dass das geliehene und unbekannte Material den Teilnehmerinnen viel mehr Kapazität abverlangt hat, als dies das gewohnte oder gar eigene Material daheim hätte. Der Standard in Sachen Ausrüstung und Pflege bei australischen Flugzeugen ist nicht vergleichbar mit dem in Deutschland. Gerade Conny Schaich sieht dies als elementaren Punkt. Die fremde Instrumentierung kosteten in so mancher Situation Souveränität. Hinzu kommen noch die Anforderungen und Belastung durch Hitze, Staub und Rauch, die diese Meisterschaft kennzeichneten. Unvergesslich bleibt dieses Event allemal. Die segelfliegerischen Bedingungen dieses Kontinents konnten trotz der Einschränkungen Begeisterungstürme hervorrufen. Die Gastfreundschaft der Australier ebenso. Und wenn Lake Keepit nach ergiebigen Regenfällen mal wieder lieblich grün sein wird, ist es auf jeden Fall ein paradiesisches Fleckchen Fliegererde, das sicherlich auch den „nicht fliegerisch aktiven Familien-Anhang“ begeistern kann.

Strafpunkte für die Australierinnen

Und weil es nicht weg gelassen werden kann, muss man die Strafpunkte erwähnen, die alle Australierinnen am Schluss erhalten haben und die dazu führten, dass keine von Ihnen mehr einen Podiumsplatz belegte. Man kann im Netz und vor allem in sozialen Medien viel darüber lesen, einiges davon ist mit Vorsicht zu genießen. Fakt ist, dass alle Teilnehmerinnen verpflichtet waren, das vom Ausrichter gestellte Trackingsystem mit zu führen. Diese Daten werden mit 15 minütiger Zeitverzögert öffentlich zugänglich gemacht, um zumindest unserer kleine Fangruppe die Verfolgung zu ermöglichen. Somit wird gewährleistet, dass diese Informationen nicht taktisch genutzt werden können. Dem australischen Team standen diese Daten jedoch von Beginn an in Echtzeit zur Verfügung. Dies ermöglicht Vorteile in Bezug auf den Abflug, aber auch punktgenaue Informationen zu Aufwinden auf der Strecke, sowie richtungsweisende Streckenplanung auf Grund der Erfahrung der Vorausfliegenden, der eignen bzw. auch der andern Klassen. Wer diese Daten entschlüsselt hat und wer, was, in wie weit genutzt hat, soll hier nicht behandelt werden. Der Umgang damit obliegt jetzt den nationalen Verbänden bzw. den übergeordneten Institutionen. Um ein Kavaliersdelikt handelt es sich aber allemal nicht! Eine Sportart, die in der Öffentlichkeit ernst genommen werden möchte, muss adäquat auf solch eine Vorteilsnahme reagieren! Der sportliche Wettkampf, für den wir Pilotinnen alle so viel investiert haben, der für uns so wichtig ist, wurde dort ad absurdum geführt. Allen wird dieser Wettbewerb daher mit einem faden Beigeschmack in Erinnerung bleiben.   

Da dies kein gutes Ende für einen Bericht ist, hier noch ein Ende zum Schmunzeln.

Wer sich einem Känguru bis auf wenige Meter nähern will, sollte dies seitlich und ohne Augenkontakt tun. Guckt man dann doch, leitet das Känguru ein hektisches Wendemanöver ein, denn es kann ja nicht rückwärts hüpfen.

Vegemite, das nach Maggi-schmeckende Nutella der Australier, kann nur als schmackhaft empfunden werden, wenn man von frühster Kindheit daran gewöhnt wird.

Aber nicht nur Geschmack, auch die Sprache bedarf einer gewissen Gewöhnung. Glaubt man, man komme mit seinem Schulenglisch, womöglich noch mit einem betont gewissenhaft gesprochenen „th“ gut über die Runden, dem seien nur drei verschriftlichte Kostproben gegeben:

How ya goin‘ luv?
Whadayawant?
Com’on Robbo, givuzzanaddabeerwillya?

Christine Grote